Kein anderes Buch in der Geschichte des Mediums war einflussreicher als Wilhelm Henry Fox Talbots rund 120 Seiten umfassende Foto-Buch „The Pencil of Nature“. Mit der Bedeutung der Gutenberg-Bibel für den Druck vergleicht Beaumont Newhall in seiner Einführung das Gewicht von Talbots Werk im Hinblick auf die Fotografie, vom „ersten Buch über die ästhetische Erfahrung der Fotografie“ spricht Hubertus von Amelunxen. Der gleichermaßen mathematisch-naturwissenschaftlich wie philologisch gebildete Fotopionier und Altertumsforscher Talbot vertrieb das mit 24 eingeklebten Kalotypien aufwändig produzierte Buch in einer überschaubaren Auflage an Subskribenten.
Talbots im Arabesken-Stil des 19. Jahrhunderts anmutig gestaltetes Buch ist zwar nicht das erste Buch, das mit durch fotografische Verfahren entstandenen Bildern illustriert ist – dieses Verdienst kommt nach derzeitigem Kenntnisstand einer Frau zu, Anna Atkins, die Fotogramme von Pflanzen für das (nicht kommerziell vertriebene) Album „British Algae, Cyanotype Impressions“ bereits 1843/44 erstellte. Aber es ist die erste Einführung in Chancen und Grenzen des neuen Mediums von einem der zahlreichen, um Anerkennung konkurrierenden „Vätern“ des Mediums selbst, souverän und im Bildteil mit kriminologischer Verve erzählt. Weiterlesen