Thomas Kellner: Kapellenschulen

Das bei Seltmann Publishers erschienene Fotobuch Kapellenschulen – Chapels Schools – Auf den Spuren der nassauischen Grafen Wilhelm I. und Johann VI. erschien 2022. Mit Beiträgen von Dr. Andrea Gnam, Dr. Stefanie Siedek-Strunk, Isabell Eberling, Chiara Manon Bohn und Thomas Kellner

Thomas Kellners Werkkomplex lädt dazu ein, mit dem außergewöhnlichen Blick auf architektonische Details, auf die Gesamtgestalt, die Maßverhältnisse und Proportionen der fotografischen Neuformulierung, Interesse für die Mühen und die Bedeutung des Bildungswesens im ländlichen Raum zu wecken, welches ja den kulturellen Hintergrund, den „Humus“ des architektonischen Phänomens Kapellenschule bildet. (Auszug aus meinem Begleittext „Kappellenschulen: künstlerische Reflexion einer ländlichen Tradition“ im Buch)

Fotobuch »Reflecting Pools« von Christina Werner

Healing New York – im Widerstreit der Zeichen

Für das Abwesende eine Form zu finden, die das historisch Einzigartige eines schrecklichen Ereignisses fassen kann und die sich doch gegenüber ästhetischen Zeitvorlieben, mit denen schon die nachfolgende Generation nichts mehr anzufangen weiß, maßvoll zurückhält, ist die schwierige, oft kaum einlösbare Aufgabe von Memorials. (…)

Als besonders schwierig und konfliktträchtig erwies sich vor dem Hintergrund widerstrebender Interessen die städtebauliche Gestaltung des Geländes von Ground Zero: Bei der Attacke von 9/11 auf das World Trade Center in Manhattan waren fast 3000 Menschen getötet worden, traumatisierende Filmbilder der angreifenden Flugzeuge und ein verwüstetes Gelände voll Schutt und Staub hatten sich tief ins kulturelle Gedächtnis eingeprägt. (…) Weiterlesen

Anleihen an die Zukunft: Zahlenkolonnen und persönliches Orakel

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Entwurf und Umsetzung, Idee und Ausführung, Konzeption und Realisierung, Architekturzeichnung und Bau – wie auch immer man die beiden Seiten des künstlerischen Arbeitsprozesses bezeichnen mag – sie gehören zueinander und sind doch autonome Akte.
Oft lässt sich erst aus dem zeitlichen Abstand heraus bestimmen, wie sehr eine künstlerische Konzeption auch Aufschluss darüber geben kann, welche Grundideen für eine Zeit, eine Kultur charakteristisch sind.


In der Renaissance zum Beispiel gab es einen engen Zusammenhang zwischen der Bildkomposition in der Malerei und der Ausbildung von Kaufleuten in den Sekundarschulen, die am zügigen Rechnen und blitzschnellen Erfassen von geometrischen Formen in der Lebenswelt orientiert war.

Julie Monaco, cs_04/1_Exitus
Das 1 Bild von 11 Uni katen, 73 × 91 cm Öffnungsdatum: 5 April 2017

Wenn man im städteübergreifenden oberitalienischen Handelsverkehr den Umfang und das Gewicht von Waren einschätzen wollte, die in Säcken und Fässern, in Ballen oder Zisternen auf den Markt gebracht wurden (bei ganz unterschiedlichen Maßeinheiten in den jeweiligen Städten), war es nötig, sie auf berechenbare geometrische Körper zu reduzieren. Weiterlesen

Jean Claude Mouton: L’espace entre – territoires urbains


Für das Fotobuch „L’espace entre – territoires urbains“ (der Raum dazwischen – städtische Gebiete) von JeanClaude Mouton habe ich einen Begleittext geschrieben den ich im folgenden auszugsweise wiedergebe. Fotografien aus Berlin, Paris, Nanterre und Dunkerque sind in dem in der Edition Disadorno, Berlin veröffentlichten Fotobuch versammelt.

Im Fall von Berlin, mit seiner über vier Jahrzehnte hinweg politisch fest gefrorener Stadtgeschichte, ist Jean Claude Mouton angesichts des Stadtumbaus und der wieder freigelegten Erde nicht den üblichen Assoziationsketten zu ausgetrockneten Flussläufen, einstigen Wäldern oder prähistorischen Urmeeren nachgehangen, die sich bei solch imaginären Zeit-Spulungen zu längst vergangenen Epochen in der Regel einstellen. Weiterlesen

Bianca Patricia – Schlaflos in Manhattan: Tradition und Intimität, Bilder eines Berufsstandes

„Dass wir einen Pförtner haben, wußte ich gar nicht und wenn wir einen haben, so muss es der stillste Pförtner der Welt sein, denn ich habe nie etwas von ihm vernommen“, schreibt Adalbert Stifter in einer Erzählung Mitte des 19. Jahrhunderts. Und auch um 1910 ist der Blick auf den Pförtner der Blick auf ein „kleines Metier“ und die mit ihm verbundenen Lebensgeheimnisse. „Der Pförtner Bügelmann“ wird in einem Stück von Oscar Wagner mit dem sprechenden Titel „Der stille Portier. Berliner Lebensbild mit Gesang in einem Aufzug“ als 73 Jahre alt, „stumm, schlichtes weißes Haar, bartloses, freundliches Gesicht in gestrickter Jacke und Schürze“ und somit als unscheinbares Inventar des Hauses vorgestellt. Der Pförtner im Mietshaus und sein weibliches Gegenstück, die Concierge, deren Tätigkeit durchaus auch als Zuflucht für perspektivlose Intellektuelle Anlass zu romantischen Fantasien bieten kann (zum Beispiel im französischen Roman und der Verfilmung „Die Eleganz des Igels“ von Muriel Barberry, 2006) sind im alten Europa als kleine Berufe in ihrer ursprünglichen Form weitgehend verschwunden. Sind sie so ausgestorben wie die literarische Figur des bildungshungrigen Essigbauers (Karl Philipp Moritz: Anton Reiser) oder der über den großen Fragen des Kosmos grübelnden, kaum des Lesens kundigen Trödlerin (Gottfried Keller: Der grüne Heinrich, 1. Fassung) in der Literatur des achtzehnten und neunzehnten Jahrhunderts?

Folgt man dem europäisch sozialisierten Blick von Bianca Patricia so feiern diese Figuren möglicherweise ihre zeitgenössische Wiederkehr und Transformation im amerikanischen „Doorman“ der Banken, Firmen und Appartements oder in etwas proletarischerem Umfeld im Kassenhäuschen eines Parkhauses. Weiterlesen

Vom Zauber französischer Sujets und anderen Kultur-Vermessungen

Stellen wir uns vor, ein Zauberer berührt mit seinem Zauberstab einen mit tiefschwarzem Samt ausgeschlagenen Zylinderhut. Vor unseren Augen entsteigt eine komplementäre Welt. Gerhard Vormwald gibt sich die Ehre: Es funkelt und glänzt, es zischt, spritzt, kracht und lodert – eine große Galaschau, ein permanentes Silvester im Wirbel der Formen und schon halten farbenfroh auch die Akrobaten und Artisten Einzug: Junge Menschen in bunten Trikots schweben durch die Luft, vollführen waghalsige Sprünge nackt oder korrekt gekleidet, sie spielen Instrumente, sie springen über Fernsehgeräte, Schreibtische und Fahrräder, es scheint jedenfalls ein Riesenspaß zu sein. Weiterlesen

Guido Baselgia: Light Fall

In eigener Sache: Im März 2014 erscheint Guido Baselgias Fotobuch „Light Fall“ zu dem ich einen der Begleittexte geschrieben habe. Im folgenden können Sie Auszüge aus der Verlagsankündigung lesen:

Guido Baselgia – Light Fall
Photographs / Fotografien 2006 –2014

Der bekannte Schweizer Fotograf Guido Baselgia realisierte im Laufe mehrerer Jahre ein aussergewöhnliches analog-fotografisches Projekt: Mit seiner Fachkamera fotografierte er in Norwegen, Feuerland, Ecuador und in den Schweizer Alpen Landschaften und Himmel im wechselnden Licht der Gestirne. Baselgias herausragende Schwarz-Weiss-Fotografien, die sich zuweilen bis zur Gegenstandslosigkeit auflösen, zeigen den Lauf der Sonne, die Bahnen der Sterne, aber auch Gebirge, Ebenen und Meere in verschiedenen Stadien der Dämmerung, in der Zeit der Tagundnachtgleiche oder in der Polarnacht. Auf einzigartige Weise werden so irdische Landschaften sichtbar wie auch astronomisch erklärbare Erscheinungen am Himmel – und damit ein Ausschnitt aus der ungeheuren Himmelsmechanik, die auch unseren Globus in Bewegung hält.

Dieser Bildband, der die exquisiten Barytabzüge des Fotografen möglichst originalgetreu zeigt, präsentiert die gesamte, seit 2006 entstandene Werkgruppe, begleitet von Texten der Fotokritikerin und Dozentin Andrea Gnam und der Fotopublizistin Nadine Olonetzky.

Herausgegeben von Nadine Olonetzky
Mit Beiträgen von Andrea Gnam und Nadine Olonetzky
Gestaltet von Hanna Williamson-Koller
Text englisch und deutsch
Gebunden
144 Seiten, 80 Triplex und
35 sw Abbildungen
31 x 30 cm
978-3-85881-420-3
sFr. 99.– | € 87.–
Erscheint im März 2014

Bilder vom Himmel und von der Erde Weiterlesen