Vorauseilende Botschafter

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Die ikonische Kraft von Filmstills – eine Ausstellung in der Albertina

Marilyn Monroe im tief ausgeschnittenen weissen Sommerkleid labt sich an der kühlenden Luft, die an einem heissen Tag einem Schacht entsteigt, der Luftzug wirbelt den Petticoat hoch und zeigt ihre wohlgeformten Beine – wir kennen das Bild, das, fast lebensgross neben der Tür aufgehängt, den unscheinbaren Eingang zur «Film-Stills»-Ausstellung in der Wiener Albertina zu einem lockenden Portal in die Welt des Kinos transformiert. Wie eine Säulenheilige aus dem Himmel der Filmgötter entstiegen erscheint Marilyn hier, ihr Bild wird von einem Untoten, Murnaus «Nosferatu», flankiert, dessen erotisches Aktionsfeld die schwarze Nacht ist. Auch bei diesem Bild handelt es sich, wie schon bei der Aufnahme der ausgelassenen Marilyn, um ein Filmstill.

Marilyn Monroe und Tom Ewell in Das verflixte siebente Jahr, Regie: Billy Wilder, 1954 C. Sam Shaw Inc.- licensed by Shaw Family Archives, Privatsammlung

Eine unterschätzte Aufgabe
Filmstills sind auf potenzierte Weise vorauseilende Botschafter einer durch und durch künstlichen Welt. Weiterlesen

Shot in the Dark

Vom 13. – 24.01.2017 gibt es zur Vorstellung des Film von Frank Amann über fotografierende Blinde ein umfangreiches Begleitprogamm in Berlin, Köln und Hamburg. Am 15.1. beteilige ich mich an einer Podiumsdiskussion in Berlin über den Film. Eine genaue Veranstaltungsübersicht finden Sie hier

Der Augenblick der Fotografie

John Bergers Essays zur Fotografie zu lesen, heißt, ihm in eine Welt der Zuneigung, der Behutsamkeit und des Zorns über die maßlose Ungerechtigkeit der kapitalistischen Weltordnung zu folgen. Berger tastet sich an seine Sujets heran, umkreist sie, lässt sich von der jeweiligen Eigenart eines Fotografen faszinieren. Er umfängt das Subjektive in behutsamen, ja zart anmutenden Beschreibungen, um von ihnen ausgehend dann auf die Form des Erkennens zu zielen, die analoge Fotografie als die ihr eigene Form des Weltzugangs beanspruchen darf. Die Auswahl von Essays, Vorworten und Gesprächen, die von Berger seit den Sechziger Jahren verfasst worden sind, ist getragen von der kontinuierlichen Sensibilität und Neugier des Schriftstellers. Er weiß so zu schreiben, Weiterlesen

Spannend wie eine Detektivgeschichte: Das erste Buch zur Fotografie im Jahre 1844

42-7560 ZeichenKein anderes Buch in der Geschichte des Mediums war einflussreicher als Wilhelm Henry Fox Talbots rund 120 Seiten umfassende Foto-Buch „The Pencil of Nature“. Mit der Bedeutung der Gutenberg-Bibel für den Druck vergleicht Beaumont Newhall in seiner Einführung das Gewicht von Talbots Werk im Hinblick auf die Fotografie, vom „ersten Buch über die ästhetische Erfahrung der Fotografie“ spricht Hubertus von Amelunxen. Der gleichermaßen mathematisch-naturwissenschaftlich wie philologisch gebildete Fotopionier und Altertumsforscher Talbot vertrieb das mit 24 eingeklebten Kalotypien aufwändig produzierte Buch in einer überschaubaren Auflage an Subskribenten.

Talbots im Arabesken-Stil des 19. Jahrhunderts anmutig gestaltetes Buch ist zwar nicht das erste Buch, das mit durch fotografische Verfahren entstandenen Bildern illustriert ist – dieses Verdienst kommt nach derzeitigem Kenntnisstand einer Frau zu, Anna Atkins, die Fotogramme von Pflanzen für das (nicht kommerziell vertriebene) Album „British Algae, Cyanotype Impressions“ bereits 1843/44 erstellte. Aber es ist die erste Einführung in Chancen und Grenzen des neuen Mediums von einem der zahlreichen, um Anerkennung konkurrierenden „Vätern“ des Mediums selbst, souverän und im Bildteil mit kriminologischer Verve erzählt. Weiterlesen