Klasse Bilder. Die Fotografieästhetik der “Becher-Schule”

50Die Fotografen Bernd und Hilla Becher sowie deren Schüler haben im späten 20. Jahrhundert die Fotografie als eigenständige Kunst ins Museum gebracht. Maren Polte widmet sich in ihrer Studie fünf renommierten Becher-Schülern.

Ein Lehrer an der Kunstakademie ist dann erfolgreich, wenn er eine so klare künstlerische Position vertritt, dass seine Schüler ihn gar nicht erst nachzuahmen versuchen. Maren Polte beschreibt und vergleicht in ihrer bemerkenswerten Studie den Weg der fünf prominentesten Absolventen der ersten Generation der legendären Düsseldorfer Fotoklasse von Bernd und Hilla Becher: Das schon früh überaus erfolgreiche Trio Thomas Struth, Thomas Ruff, Andreas Gursky, sowie Axel Hütte und – etwas verspätet als einzige Frau vergleichbar wahrgenommen – Candida Höfer.

Der erste Anstoß, der den anhaltenden Erfolg dieser Fotografen erklärt, liegt tatsächlich im Wirken ihrer Lehrer begründet. Das unbeirrte, monolithische Werk von Bernd und Hilla Becher, die ihr Lebensthema in den Varietäten der untergehenden Industrielandschaft mit ihren Kühltürmen und Hochöfen, Silos und Gasbehältern gefunden hatten, schuf eine kaum zu übernehmende Vorgabe. Dokumentation und objektivierender, wenn auch durch und durch konstruierter Bildaufbau der Becher-Fotografien verleiht den Industriebauten eine einzigartige Autonomie als skulpturale Objekte, die ihre einstige Funktion vergessen lässt.

Als Arbeitsprinzip aber ist diese Kombination genau das, was die fünf so unterschiedlichen Fotografen verbindet. Sie fotografieren sachlich emotionslos, arbeiten gerne mit der Großplattenkamera, die eine genaue Bildkomposition bei hohem Detailreichtum ermöglicht und lösen ihre Gegenstände aus dem sie umgebenden Kontext. Der entscheidende Unterschied, der mit dafür verantwortlich ist, ein vollkommen eigenständiges Werk verfolgen zu können, liegt aber im gesellschaftlichen Wandel begründet.

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Kühle Schönheit der Welt. Axel Hütte: „Terra Incognita. Photographien 1982 – 2003“

33Eine in ihrer kühlen Schönheit zurückhaltende und doch mit ihrer Unnahbarkeit lockende Welt tritt dem Betrachter von Axel Hüttes Fotografieband „Terra incognita“ entgegen.

Dieser bietet eine Retrospektive der Arbeit des Künstlers über zwei Jahrzehnte hinweg. Rätselhafte Spiegelungen von Bäumen und Menschen im Wasser bilden mit zwölf Arbeiten den Auftakt. In schilfiges Dunkelgrün getaucht erscheinen Baumstämme und Laub. Das Blattwerk lässt in seiner Regelmäßigkeit an die Manier älterer Landschaftsmalerei denken, während man unversehens nach der „Staffage“ sucht: der menschlichen Gestalt im Vordergrund, die am Rande des Wassers steht. An ihr misst man die Höhe der Stämme, orientiert sich unwillkürlich, auch wenn sie klein, verschwommen, schemenhaft bleibt.

Der natürliche Spiegel des Wassers und eine fast entkörperlichte menschliche Figur bilden das Entrée des sorgfältig komponierten Buches. Dies ist durchaus programmatisch zu verstehen: in später positionierten Landschaften Hüttes bleibt der Betrachter, wenn auch nicht ungeleitet, so doch sich selbst überlassen. Einige unerbittlich sachlich gehaltene Straßenszenen aus Großbritannien in blendendem Schwarzweiß und Aufnahmen von nüchternen, verlassenen Innenräumen aus den achtziger Jahren folgen. Weiterlesen