Meine Rede zur Austellungseröffnung
Meine Damen und Herren,
Thomas Kellner, dessen Werk hier in verschiedenen Phasen und Bereichen seines Schaffens ausgestellt ist, bezeichnet sich ganz bewusst als Fotokünstler. Ein Künstler, unabhängig davon, mit welchem Material er hantiert, eröffnet seinen Betrachtern eine neue und einzigartige Sicht auf die Welt, und damit auch auf sich selbst. Wir verändern uns mit jedem Bild, das wir mit allen Sinnen in uns aufnehmen, auf das wir uns einlassen, vor dem wir hin und her gehen, das uns mit seinem Flügelschlag geistig berührt, auch ein kleines Stück weit selbst. Gewiss nicht viel, eher unmerklich und in kleinen Schritten, es sei denn, ein Bild lässt uns sehr lange nicht mehr los. Oder wie es die amerikanische Bildhauerin Anne Truitt angesichts eines Farbfeld-Bildes von Barnett Newman formuliert, man kann sich beim Anblick eines solchen Bildes dann endlich einmal dem Gefühl überlassen, nicht mehr als genau das zu brauchen, was das Bild einem als Selbst- und zugleich Weltverständnis schenkt: „‘Genug’, war mein strahlendes Gefühl, einmal in meinem Leben genug Raum, genügend Farbe. Es schien mir, als sei ich noch nie zuvor frei gewesen. Selbst das Laufen auf freiem Feld hatte mir nicht jenes Gefühl schwereloser Glückseligkeit vermittelt“, so Anne Truitt.
Ähnlich mag es einem beim Betrachten von Thomas Kellners Bild des Grand Canyon in Raum 7 ergehen. Aufnahmetechnik und Bildkomposition erzeugen auf mehr als 4 m Länge eine Tiefenwirkung, die, so Thomas Kellner, fast schwindelerregender erscheint, als wenn man selbst dort stünde und vom Plateau-Rand aus, das Naturschauspiel auf sich wirken lässt. Das ist kein Wunder, denn es handelt sich um 2160 Detailaufnahmen, die wir hier auf einem Bild zu sehen bekommen.